Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine seltene Form der Demenz, die durch einen Nervenzelluntergang im Stirnlappen (Frontallappen) und Schläfenlappen (Temporallappen) des Gehirns verursacht wird. Im Vordergrund der Symptomatik stehen Veränderungen der Persönlichkeit, des Sozialverhaltens und der sprachlichen Fähigkeiten.
Ursache ist ein Nervenzelluntergang im Stirn- und Schläfenlappen der Hirnrinde. Wodurch der Nervenzelluntergang verursacht wird, ist bislang nicht genau bekannt. Ähnlich der Parkinson-Krankheit schädigen bestimmte Eiweiße die Nervenzellen, hier ist es jedoch nicht Alpha-Synuclein (Parkinson), sondern unter anderem das Eiweiß mit dem Namen Tau betroffen.
Epidemiologie
Die ersten Symptome treten normalerweise früher auf als bei der Alzheimer-Demenz. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren, wobei die Spanne sehr groß ist (20 – 85 Jahre). Die FTD ist insgesamt viel seltener als die Alzheimer-Krankheit. Man schätzt, dass ca. 3 – 9 % aller Demenzkranken an der FTD leiden, ca. 70 % aller Demenzen werden durch die Alzheimer-Krankheit verursacht. Bei den Patienten allerdings, die jünger als 65 Jahre sind, treten die Alzheimer-Krankheit und die FTD gleich häufig auf. Die meisten Studien weisen darauf hin, dass Männer und Frauen gleich häufig betroffen sind
Wer erkrankt an der FTD?
Es sind bisher keine nicht-genetischen Risikofaktoren bekannt. In ca. 10 % der Fälle wird die Krankheit durch Veränderungen des Erbguts (Mutationen) – vor allem im C9orf72-Gen, im Tau-Gen und im Progranulin-Gen – hervorgerufen. In manchen Familien finden sich gleichartige Erkrankungen daher auch bei Blutsverwandten.
Symptome
Die Symptome können bei den einzelnen Patienten sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und hängen unter anderem von der genauen Lokalisation des zellzerstörenden Prozesses in der Hirnrinde ab. Bei der verhaltensbetonten Variante, der Frontotemporalen Demenz (FTD), fallen zuerst Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens auf. Die meisten Patienten wirken zu Beginn der Erkrankung zunehmend oberflächlich und sorglos, unkonzentriert und unbedacht, vernachlässigen ihre Pflichten und fallen im Beruf wegen Fehlleistungen auf. Sie ziehen sich zurück, verlieren das Interesse an Familie und Hobbys, werden teilnahmslos, antriebslos und apathisch. Einige entwickeln eine zunehmende Taktlosigkeit im Umgang mit Mitmenschen, sind leicht reizbar und manchmal aggressiv. Infolge der Enthemmung kommt es nicht selten dazu, dass Patienten soziale Normen verletzen. Manchmal entwickeln die Erkrankten merkwürdige Rituale oder zeigen ständig wiederholte Verhaltensweisen. Einige Betroffene entwickeln einen Heißhunger, vor allem auf süße Speisen, und manche Patienten zeigen eine ausgeprägte Vorliebe für bestimmte Lebensmittel. Viele Patienten vernachlässigen die körperliche Hygiene. Die Krankheitseinsicht ist bei den meisten Betroffenen beeinträchtigt, d. h. sie halten sich selbst für gesund. Im Verlauf der Erkrankung entwickeln sich Störungen der Sprache, die sich in Wortfindungsstörungen, Benennstörungen, Sprachverständnisstörungen und fehlendem Mitteilungsbedürfnis bis zum völligen Verstummen äußern können. Im weiteren Verlauf kommt es zur Beeinträchtigung des Gedächtnisses, die lange Zeit aber nicht so stark ausgeprägt ist, wie bei der Alzheimer-Krankheit. Die Patienten verlieren zunehmend die Fähigkeit, im Alltag zurecht zu kommen. Im fortgeschritteneren Stadium kommt es zur Inkontinenz. Bei einigen Patienten treten neurologische Symptome auf, wie sie auch bei der Parkinson-Krankheit vorkommen (Gangstörung, Bewegungsstörungen) sowie Schluckstörungen. Im Endstadium der Erkrankung kann es zu Bettlägerigkeit und völliger Pflegebedürftigkeit kommen. Die durchschnittliche Krankheitsdauer vom Beginn der ersten Symptome bis zum Tod wird mit durchschnittlich 8 Jahren angegeben, wobei sehr rasche Verläufe (2 Jahre) ebenso vorkommen wie sehr langsame (15 Jahre).
Diagnostik
Die Diagnostik der FTD kann schwierig sein. Weil zu Beginn der Erkrankung Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens im Vordergrund stehen, kommt es nicht selten zu Verwechslungen mit psychischen Störungen wie Depression, Burn -out-Syndrom oder sogar Schizophrenie. Im späteren Stadium ist eine Abgrenzung zur Alzheimer-Krankheit häufig nicht mehr möglich. Eine ausführliche Untersuchung beinhaltet psychologische Tests des Gedächtnisses, der Sprache und des Denkvermögens sowie Gespräche mit den Angehörigen, insbesondere über Verhaltensauffälligkeiten der Patienten.
Zur Erhärtung der Diagnose können bildgebende Verfahren herangezogen werden. Die Kernspintomographie (MRT) kann eine umschriebene Schrumpfung (Atrophie) der Stirn- und Schläfenlappen nachweisen. Die Bestimmung von bestimmten Eiweißstoffen in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquorpunktion) kann zur Diagnostik hilfreich sein. Spezifische Labortests zum Nachweis einer FTD gibt es nicht. In den Fällen, in denen Blutsverwandte ebenfalls betroffen sind, können Gentests aufschlussreich sein.
Medikamentöse Therapie
Die ersten Arzneimittelstudien, in denen Medikamente geprüft werden, die den Nervenzelluntergang speziell bei FTD stoppen sollen, wurden und werden bereits durchgeführt. Medikamente, die zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden, erzielen bei der FTD keinen positiven Effekt. Die medikamentöse Behandlung zielt derzeit darauf ab, die Verhaltensauffälligkeiten der Patienten zu mildern. Am besten haben sich Antidepressiva bewährt. Sie wirken bei einigen Patienten antriebssteigernd und können eine seelische Ausgeglichenheit erreichen. Bei ausgeprägter Unruhe oder Aggressivität werden Neuroleptika eingesetzt.
Nicht-medikamentöse Therapie
Ziel der nicht-medikamentösen Therapie ist eine Milderung der typischen Verhaltensauffälligkeiten. Verhaltensweisen, die soziale Normen verletzen, umtriebiges Verhalten, aber auch Antriebsmangel und Desinteresse kann mit unterschiedlichen Maßnahmen entgegengewirkt werden. Bei denjenigen Patienten, die zum Rückzug neigen, bietet sich ein Aktivitätstraining an. Spaziergänge, Musik und Kunst können zur Motivation der Patienten beitragen. Schwieriger kann die Therapie derjenigen Patienten sein, die sich agitiert, aggressiv und uneinsichtig verhalten. Hier können körperliche Aktivitäten (Sport, Wanderungen) zu Entspannung und Gelassenheit führen. Auch eine Anpassung des häuslichen Umfeldes an die Bedürfnisse der Patienten kann hilfreich sein
Unterstützung für die Angehörigen
Das Zusammenleben mit einem Menschen, der an einer frontotemporalen Demenz leidet, bedeutet für die Angehörigen eine enorme Belastung. Vor allem sind es die Verhaltens- auffälligkeiten, besonders Teilnahmslosigkeit, Aggressionen und Unberechenbarkeit der Patienten, die anderen Familienmitgliedern zu schaffen machen. Hinzu kommt, dass die FTD wegen ihres seltenen Auftretens sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei Ärzten und Pflegeeinrichtungen längst nicht so bekannt ist wie die Alzheimer-Krankheit.
Empfehlenswert ist außerdem die (englischsprachige) Webseite der „Association for Frontotemporal Degeneration“ (https://www.theaftd.org/).
Quellen:
Diehl-Schmidt J. Informationsblatt 11, Deutsche Alzheimer Gesellschaft.
Deutsche Alzheimer Gesellschaft (Hrsg.) (2017): Frontotemporale Demenz. Krankheitsbild,
Rechtsfragen, Hilfen für Angehörige. Berlin
Diehl-Schmid J. (2013): Frontotemporale lobäre Degenerationen. Neurotransmitter 24
Diehl-Schmidt J. (2012) Frontotemporale lobäre Degenerationen. In: CW. Wallesch (Hrsg.)
Demenzen. Thieme. Stuttgart
https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/Alz/pdf/factsheets/infoblatt11_frontotemporale_demenz.pdf
DVD:
Die DVD „Leben mit FTD“ (Spieldauer: 74 Minuten) enthält drei Dokumentarfilme, in denen drei verschiedene Schicksale vorgestellt werden. Die Filme stammen aus den Niederlanden und wurden mit deutschen Untertiteln versehen. Bestellung: Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Friedrichstraße 236, 10969 Berlin, E-Mail: info@deutsche-alzheimer.de.
Literatur:
Broschüre: Frontotemporale Demenz. Krankheitsbild, Rechtsfragen, Hilfen für Angehörige. Praxisreihe Band 10, 2. Auflage 2010, 80 Seiten. Bestellung: Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Friedrichstraße 236, 10969 Berlin, E-Mail: info@deutsche-alzheimer.de.
Studienporträt – Wir suchen Sie!
EFRONT
Epidemiological Study in FRONto Temporal Dementia
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Wer kann teilnehmen?
- Teilnehmer im Alter zwischen 25 und 85 Jahren
- Teilnehmer mit der Diagnose oder dem Verdacht auf Frontotemporale Demenz
Kontaktdetails
Dr. Ilona Csoti
Telefon +49(0)6473-3050
E-Mail info@parkinson.de
Gertrudisklinik Parkinson-Zentrum GmbH
Karl-Ferdinand-Broll-Str. 2-4, 35638 Leun-Biskirchen
https://parkinson.de/
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